Der Leopard und das Lamm – Banksy

Der Leopard und das Lamm – Banksy

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Autor: Banksy
Titel: Der Leopard und das Lamm
Titel (Englisch): Der Leopard und das Lamm
Originaler Standort: The Walled Off Hotel, Bethlehem
Anno: 2016

In „Der Leopard und das Lamm“ (The Leopard and Lamb) aus dem Jahr 2016 verlässt Banksy für einen Moment die direkte urbane Ironie, um das Unmögliche der Versöhnung durch spannungsgeladene Bildwelten zu erforschen.

Die Szene zeigt ein weißes Lamm, das neben einem prächtig gefleckten Leoparden liegt, der mit überraschender Detailgenauigkeit aus den Grafismen einer Wand herausgearbeitet ist, in deren grünen Tönen er sich tarnt; beide befinden sich vor einem von Graffiti bedeckten Hintergrund, der die Grenzen zwischen Häuslichem und Wildem, Heiligem und Marginalem, der Stadt und ihrer finalen Lösung auflöst. Technisch und visuell erzeugt der Kontrast zwischen dem organischen Strich des Raubtiers und der geometrischen Ästhetik des urbanen Hintergrunds eine Dynamik von Zurückhaltung und Inklusion, als wäre der Frieden vorläufig oder von der Stadt aus überwacht, wobei die Zurückhaltung wiederum vollkommen natürlich für die Großstadt ist, in der die Individualität des Bürgers entweder absorbiert, integriert oder kontrolliert werden muss.

In dieser kompositorischen Dynamik gehört das Lamm nicht zu dieser Beziehung, es ist ihr (der Stadt) nicht natürlich, veredelt sie aber; das kleine Schaf wird vom „Integrierten“, dem „Aufgenommenen“ – in diesem Fall dem Leoparden – begehrt und umarmt. Das Lamm ist die Antwort, in reinem Weiß gemalt, unterscheidet es sich vom System, ist aber nicht antagonistisch, nicht dessen Feind. Das Werk, in Acryl auf Sperrholz ausgeführt, zeigt ein präzises Gleichgewicht zwischen malerischer Geste und technischer Kontrolle und erinnert daran, dass auch Street Art auf materielle Beständigkeit abzielt. Dieses Werk bestätigt, dass Banksy in Israel eine Sprache wählte, die nicht verstanden wurde. Ein deutliches Beispiel hierfür sind die missverstandenen Interpretationen seines Werks „Love is in the Air“, auch bekannt als „Der Blumenwerfer“, das auf die Wand einer Autowerkstatt gemalt wurde. Im Rahmen der zeitgenössischen Urban Art knüpft Banksy an das Erbe des widerständigen Postmodernismus an, entzieht sich aber dessen binärem Opfer-Täter-Schema, um eine höhere und kraftvollere visuelle Poetik zu schaffen. Er hat Künstler wie JR, Shepard Fairey oder Blu darin beeinflusst, öffentlichen Raum mit politischer Erzählung zu verbinden.

Der Titel verweist auf die prophetische Passage Jesaja 11:6, doch hier findet das brüderliche Zusammentreffen von Raubtier und Opfer nicht im Paradies statt, sondern in einem Zimmer des Walled-Off Hotel in Bethlehem, direkt an der Mauer, die Israel von Palästina trennt. In einer Welt, die durch physische und ideologische Mauern gespalten ist, wird die Kunst zum einzigen Ort, an dem das Unvereinbare – wenn auch nur für einen Moment – koexistieren kann; dort, wo das System Zensur auferlegt, schreit die Malerei aus den Ruinen, die die menschliche Unfähigkeit, demjenigen zu vergeben, der einen verletzt hat, hinterlässt.